Was ist Corporate Immigration?

Mit Corporate Immigration wird in der internationalen Rechts­be­ratungspraxis, aber zunehmend auch im deutschsprachigen Raum, die Erbringung von Rechtsdienstleistungen für Unter­nehmen bei der Gewinnung von internationalen Fachkräften bezeichnet.


Dabei muss es sich nicht unbedingt um Fälle der Migration zum Zweck der Arbeitsaufnahme (Arbeitsmigration) aus dem Ausland handeln. Auch die Gewinnung von Fachkräften auf dem in­län­di­schen Arbeitsmarkt, insbesondere Absolventen an deutschen Hochschulen bzw. Ausländern, die eine qualifizierte Berufs­aus­bildung im Inland abgeschlossen haben, unterfolgt dem Tätig­keits­feld.


Verschiedentlich sind Unternehmen sogar interessiert, die uni­ver­sitäre Ausbildung von Ausländern mit zu begleiten, etwa bei dua­len Studiengängen. Ein weiterer Fall der Ausbildungsmigration ist die Berufsausbildung in einem überwiegend betrieblichen Umfeld, bei dem die Unternehmen sogar ein direkt Akteur des Mi­gra­tions­prozesses sind.





Auftragssituation

Für Personen mit Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, die entsprechend auch Rechtsdienstleistungen erbringen dürfen, ist Corporate Immigration deshalb ein angenehmes Tätigkeitsfeld, da üblicherweise die (zukünftigen) Arbeitgeber bzw. Ausbildungsunternehmen dem Ausländer durch einen Vertrag zu Gunsten Dritter entsprechende Unterstützung zuteilwerden lassen. Fragen der Bonität eines Individualmandanten und dessen Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht kommen damit nicht bzw. in einem geringerem Umfang zum Tragen.


Marktüblich sind dabei, zumindest für Standardverfahren der Ausbildungs- und Arbeitsmigration, Pauschalhonorare. Weiterhin marktüblich ist eine Berücksichtigung des Verfahrensfortschritts und eine anteilige pauschalierte Abrechnung.


Verbreitet ist auch, dass nicht nur der Ausländer selbst bei seiner Ausbildungs- und Arbeitsmigration eine Unterstützung erfährt, sondern zugleich seine Familien­an­gehörigen, soweit diese nach der Konzeption des AufenthG als Teil der Kernfamilie (Ehepartner, gleichgeschlechtliche Lebenspartner, minderjährige ledige Kinder; vgl. §§ 27 Abs. 1, 2 und §§ 30, 32 AufenthG) bzw. des FreizügG/EU nach dem dort erweiterten Begriff der Familienangehörigen (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG) oder als nahestehende Person (§ 3a FreizügG/EU) ein Recht auf Aufenthalt in Deutschland besitzen bzw. erhalten können. 


Gleiches gilt sinngemäß für Rechtspositionen, die sich aus dem Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland sowie aus dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz ergeben können.




Art und Weise der rechtsanwaltlichen Tätigkeit

Für Unternehmen gilt insbesondere in Fälle der Arbeitsmigration: Ein vakanter Arbeits­platz ist so schnell wie möglich zu besetzen, so dass nicht die Art des Aufenthaltstitels, den der Ausländer erhält, aus Sicht des Unternehmens maßgeblich ist, sondern die damit verbundenen Bearbeitungszeiten - auf Seiten der Be­hör­den. Deshalb sehen Unternehmen in den Dienst­leistungs­ver­träg­en  auch sehr enge Bearbeitungsvorgaben gegenüber dem rechtsanwaltlich Tätigen vor, so dass beispielsweise binnen einer Frist von 48 Stunden ab Erhalt aller Unterlagen Anträge etwa selbst zu stellen oder für die Ausländer vorzubereiten sind. Rückfragen und Beschwerden sind in der Regel binnen 24 Stunden zu beantworten, mindestens ist aber deren Bearbeitung in diesem Zeitfenster aufzunehmen.


Diese Zeit- und Handlungsdruck geht aber oftmals mit einem größeren bzw. gesicherten Fallvolumen einher und die größere Dienstleistungsverträge werden in der Praxis meist für zwei bis drei Jahre abgeschlossen.


Praxisüblich ist auch, dass das auftraggebende Unternehmen auf Seiten des Rechts­dienst­leisters voraussetzt, etwa Case Mana­ge­ment-Systeme, womit einerseits digital unternehmensseitig Informationen und Dokumente übermittelt werden und ander­erseits ein direkter Zugriff auf fallbezogene Informationen, so wie etwa dem Verfahrensfortschritt, möglich sind.